Eine wahre Geschichte

Aufgeschrieben im Jahr 2005 von Alois Sattel

Es war einmal in der Brotmarkenzeit. Ein alter Bäcker (75) und ein kleiner Junge (10). Der Bäcker stand ab 3:00 Uhr in der Backstube, um den Teig für ca. 40 Stück Schwarzbrot von Hand zu kneten.

Gleichzeitig heizte er den Backofen mit 3-4 Zentnern Briketts, die der Junge einen Tag vorher klein geklopft hatte.

Nach dem Backen der Brote, ab 7:00 Uhr, kamen die Bauern mit großen Körben, um ihr Brot backen zu lassen.

Der Bäcker war Karl Schäfer in Maxdorf. Der Junge war ich.

Das war die zentrale Begebenheit meiner Kindheit. 5 Jahre lang, von 1942 bis 1947.

Die anschließende Kindergartenzeit und die ersten 3 Jahre Schulzeit verliefen völlig normal.

Aber dann wurde es interessant. 1942 war ich tagsüber als Feriengast in der Bäckerei Karl Schäfer aufgenommen. Nach den Ferien wurde ich „fest angestellt“. Ich erhielt als „Gehalt“ in der Woche 5.00 DM, davon dufte ich 50 Pfenning behalten.

Der Haushalt bestand aus dem Vater Karl, Tochter Marie, Schwiegersohn Alois Burgey, Enkelin Hildegard, Hausangestellte Elise Sattel und mir. Nach Kriegsende kamen Mittags- und Abendgäste hinzu. Zahnarzt Karl Zurborn und Lehrerin Lotte Bethke.

Mein Tagesablauf: Mausefallen im Mehlspeicher leeren, pro Tag ca. 6-10 Stück. Brotkörbe von Kunden annehmen und später wieder ausgeben. Für 2 Schweine täglich Stroh von der Scheune herunterwerfen und hernach Hof kehren. Im Sommer 3 Eimer Wasser auf den Aschehaufen leeren, damit die Schweine suhlen konnten, dabei aufpassen, dass sie nicht durchgingen.

In der Kriegszeit hatten wir etwa 27 Kellergäste bei bis zu 3 Fliegeralarmen täglich.

Kellergäste ab 1942 waren: Bernhard Lisa und Frieda, Katharina Guhmann und Tott Irma, Sattel Marie und Martin, Kohl Ludwig und Susanne, Reis Anna und Lieselotte, Drumm Anna, Nester Barbara und Karl, Anna, Wilma und Rosel, Sattel Maria und Alois, Alois, Maria, Hildegard und Alfons, Schäfer Marie, Alois, Hildegard und Sattel Elise, Anna und Kohl.

Morgens habe ich wieder aufgeräumt. Im Keller war bis zu 20 cm Druckwasser. Dies musste täglich abgepumpt werden.

Nach 1945 kam hinzu: 40 Brote bei Heinrich Schäfer, Maxstraße 9 holen. Gemüse von Maxdorf in Weisenheim/Sand gegen Wein eintauschen. Die Zeit wurde hektisch. Der Tauschhandel blühte.

Meine erste Erinnerung ist der Umzug Mitte 1935 von der Einzimmerwohnung in der Lambsheimer Straße 9 in das Haus in der Maxstraße 33. Ich war 2 Jahre alt und durfte auf der Umzugsrolle mitfahren. Meine Schwester Maria war 3 Jahre alt und wurde im Kinderwagen hinterhergefahren. Das war die zentrale Begebenheit meiner Kindheit, 5 Jahre lang von 1942 bis 1947.

Ich war am 25. Dezember 1937 im Alter von 4 Jahren bei den Großeltern untergebracht. Auf dem Heimweg spät abends sagte mein Vater:

„Du hast ein Brüderchen bekommen“. Ich protestierte: „Das geht nicht, wir haben doch nur 5 Gabeln“. Wir haben dann doch keine 6 Gabeln gebraucht, denn Leo starb im Alter von nur 5 Monaten.

Soweit die Aufzeichnungen über meine Kindheit.

Für die Seite des Vereins aufgearbeitet: Ferdinand Fiedler